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von Pfarrer GUIDO KOHLENBERG, SPEICHER (Evangelische Kirchengemeinde Bitburg)

Predigttext    2. Mose 14, 23-26
8 Und der HERR verstockte das Herz des Pharao, des Königs von Ägypten, dass er den Israeliten nachjagte. Aber die Israeliten waren mit erhobener Hand ausgezogen. 9 Und die Ägypter jagten ihnen nach, alle Rosse und Wagen des Pharao und seine Reiter und das ganze Heer des Pharao, und holten sie ein, als sie am Meer bei Pi-Hahirot vor Baal-Zefon lagerten. 10 Und als der Pharao nahe herankam, hoben die Israeliten ihre Augen auf, und siehe, die Ägypter zogen hinter ihnen her. Und sie fürchteten sich sehr und schrien zu dem HERRN 11 und sprachen zu Mose: Waren nicht Gräber in Ägypten, dass du uns wegführen musstest, damit wir in der Wüste sterben? Warum hast du uns das angetan, dass du uns aus Ägypten geführt hast? 12 Haben wir's dir nicht schon in Ägypten gesagt: Lass uns in Ruhe, wir wollen den Ägyptern dienen? Es wäre besser für uns, den Ägyptern zu dienen, als in der Wüste zu sterben. 13 Da sprach Mose zum Volk: Fürchtet euch nicht, steht fest und seht zu, was für ein Heil der HERR heute an euch tun wird. Denn wie ihr die Ägypter heute seht, werdet ihr sie niemals wiedersehen. 14 Der HERR wird für euch streiten, und ihr werdet stille sein.

19 Da erhob sich der Engel Gottes, der vor dem Heer Israels herzog, und stellte sich hinter sie. Und die Wolkensäule vor ihnen erhob sich und trat hinter sie 20 und kam zwischen das Heer der Ägypter und das Heer Israels. Und dort war die Wolke finster und hier erleuchtete sie die Nacht, und so kamen die Heere die ganze Nacht einander nicht näher. 21 Als nun Mose seine Hand über das Meer reckte, ließ es der HERR zurückweichen durch einen starken Ostwind die ganze Nacht und machte das Meer trocken, und die Wasser teilten sich. 22 Und die Israeliten gingen hinein mitten ins Meer auf dem Trockenen, und das Wasser war ihnen eine Mauer zur Rechten und zur Linken. 23 Und die Ägypter folgten und zogen hinein ihnen nach, alle Rosse des Pharao, seine Wagen und Reiter, mitten ins Meer.

28 Und das Wasser kam wieder und bedeckte Wagen und Reiter, das ganze Heer des Pharao, das ihnen nachgefolgt war ins Meer, sodass nicht einer von ihnen übrig blieb. 29 Aber die Israeliten gingen trocken mitten durchs Meer, und das Wasser war ihnen eine Mauer zur Rechten und zur Linken. 30 So errettete der HERR an jenem Tage Israel aus der Ägypter Hand.

20 Da nahm Mirjam, die Prophetin, Aarons Schwester, eine Pauke in ihre Hand, und alle Frauen folgten ihr nach mit Pauken im Reigen. 21 Und Mirjam sang ihnen vor: Lasst uns dem HERRN singen, denn er ist hoch erhaben; Ross und Reiter hat er ins Meer gestürzt. (Exodus / 2. Mose 14, die Verse 8-14.19-23.28-30a; 15, 20-21)
Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommen wird!

Liebe Geschwister,

Der Predigttext, der uns für den heutigen Ostersonntag aufgetragen ist, finden sich ziemlich weit vorne im Alten Testament. Es sind Verse aus Exodus (oder 2. Mose) 14 (siehe oben).

Dazu ein Bild von Marc Chagall, das ich hier nicht abdrucken darf, Sie aber ermutige, es sich im Internet unter https://epub.sub.uni-hamburg.de/epub/volltexte/2017/69009/pdf/2014_Broschuere_Chagall.pdf (dort Kapitel 10 auf Seite 11) anzuschauen!

Kennen Sie den Satz: „Wie oft ich das im letzten Jahr gemacht habe, das kann ich an 5 Fingern abzählen!“ – Ich lade Sie ei, meine Predigtgedanken zu diesem Text an fünf Fingern abzuzählen oder – wenn Ihnen das lieber ist .- meinen Gedanken eine FPA3-Maske anzulegen. Moment, das erkläre ich gerne:

F für Frage
P für Persönliche Erinnerung
und noch 3 As
A für Auslegung
A für Aufblick und
A für Ansichtssache

Die FPA3-Maske für diese Online-Osterpredigt:

  1. Die FRAGE
    „Der Durchzug durchs Schilfmeer als Bibeltext für die Osterpredigt?“ frage ich mich (und jetzt auch Sie). Aber warum sollten Sie mir diese Frage beantworten? Sie haben sich das ja nicht ausgedacht. Ich übrigens auch nicht; du ich halte ja viel davon, mich von der Auswahl der Bibelabschnitte herausfordern zu lassen. Aber solch ein letztlich ja auch mörderischer Bibelabschnitt mit unendlich vielen Toten, und Angst für Ostern? Die grundlegende Exoduserfahrung Israels bis heute, die nicht nur dem ganzen biblischen Buch, sondern auch einem bekannten Buch von Leon Uris und einer bestimmten Richtung des Zionismus (siehe https://davidkultur.at/artikel/exodus-und-shoah) Ich-ren Namen lieh, als Grundlage der christlichen Osterpredigt?
    Ein Ereignis – verortet im Nahen Osten – als Osterbotschaft für die Eifel? Gleich mehrere Fragen – und doch zusammengefasst in der einen: Was soll der Durchzug durchs Schilfmeer als Bibeltext für die Osterpredigt hergeben?

    Weil ich nicht so schnell aufgeben wollte (das mache ich selbst beim Würfelspiel nicht), habe ich in der eigenen Erinnerung gegraben. Deshalb…
  2. Die PERSÖNLICHE ERINNERUNG
    In endlosen Liturgien früherer Erinnerung in meinem Leben – so erinnere ich mich – bekamen wir vor der Lesung des Osterevangeliums verschiedene Texte zu hören, die sich ums Wasser drehten – unter anderem eben dieser Durchzug durchs Schilfmeer. Aha! Und ich erinnere mich an Taufen gerade zu Ostern von kleinen und großen Menschen, nachts, frühmorgens oder in der Mitte des Tages. Wasser, wenn auch kein Durchzug - mitten in der Osterfeier. Ich muss des Weiteren an hohe Wellen im Mittelmeer denken, die mich überraschend überspült haben und mir kurzzeitig die Luft zum Atmen nahmen. Wie gut war das, wieder aufzutauchen und zu erleben, dass das Leben gegen den Tod gewonnen hatte. Ganz so dramatisch, wie ich das empfunden hatte, war das natürlich nicht. Ich erinnere mich an einen seltenen Tauchgang in meinem Leben, ganz gemütlich, mehr ein Schnorcheln, die Unterwasserwelt bestaunend – bis, ja, bis ich am Grund der Bucht einen kleinen Hai entdeckte. Ich muss gestehen: Es war wohl ein Hai-Teenager oder gar -baby. Doch das ändert nichts dran, dass ich in rasendem Tempo aufgetaucht bin und mir das rettende Ufer erschwommen habe…

    Ich nähere mich geradezu existentiell der Exoduserfahrung des Volkes Israel. Das glaube ich zumindest. Aber stimmt das auch so? Deshalb…

     
  3. Die AUSLEGUNG
    Sie hatten die 10 Ägyptischen Plagen miterlebt, sieben davon hautnah. Der Pharao, ganz Ägypten und auch Gottes Volk ISRAEL himself waren der Seuchen müde. Man höre und staune! Und dann lässt es der Herrscher Ägyptens in einem Anflug von Milde – oder wahlweise Verzweiflung – es zu, dass Israel, wie erbeten, zum Meer wandern darf, um dort seinem Gott zu opfern. Nicht zuletzt die letzte Plage, die auch seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, bringt ihn zum Umdenken. Und Israel zieht los.

    Der Pharao besinnt sich jedoch sehr schnell eines Schlechteren und rast mit seiner Mischung aus Kavallerie und Infanterie hinterher. Israel erlebt sich als eingeklemmt zwischen der Flut des Meeres vor sich und der hereinbrechenden Flut der ägyptischen Soldaten drohend hinter sich.
    Mose bekommt den Auftrag von Gott mit seinem Stab auf das Wasser zu schlagen. Und … die Fluten teilen sich. Unglaublich, klar. Aber das ist ja bei biblischen Geschichten oft so – nicht zuletzt bei Jesu Auferweckung – dass jeder Christ für sich entscheiden muss, ob er dem vertrauen will.

    Und weiter wird berichtet, dass das Volk Gottes durch das Meer zieht, was sich hinter ihnen über dem ägyptischen Heer wieder schließt. Die elfte Plage wenn man so will. Und Mirjam, Moses Schwester stimmt spontan ein Loblied auf diese Rettung an. Und das ganze Volk stimmt ein. Eines der wenigen Lieder der Bibel (mal abgesehen von den Psalmen), die uns überliefert sind.

    Gott ist ein Gott des Lebens. Er will das Leben. Liebt das Leben. Hat es sich kreativ ausgedacht! - Aber das Leben geschieht nicht eben mal so nebenbei, sondern durch einen doppelten Tod hindurch. Sozusagen mitten durch den Tod tausender Ägypter hindurch. Und durch den Tod der letzten menschlichen Sicherheiten hindurch.
    Oder wie nennen Sie das, wenn man zwischen 30 Meter hohen Meeresmassen auf dem Meeresboden hindurchzieht – nur darauf vertrauend, dass Gott das schon gut machen wird. Gepaart mit dem Mut der Verzweiflung, weil Dableiben den sicheren (!) Tod bedeutet hätte. Sicherer Tod oder drohender Tod – keine angenehmen Alternativen!

    Oft noch in den Jahrzehnten danach wird sich Israel an diese Rettungstat Gottes durch das Wasser hindurch erinnern. Oft noch wird es murren und sich zu den Fleischtöpfen Ägyptens zurücksehen. Durch Wüsten und Hunger und Durst und weitere Plagen (man nehme nur die Schlangen!) hindurch wird es zwei Generationen später das verheißene Land erreichen.

    Sprichwörtlich bleibt der EXODUS bis heute. „Mein Vater war ein Aramäer…“ So beginnt das grundlegende Glaubensbekenntnis Israels. Und es beginnt in der Sklaverei, geht durch die Rettungserfahrung hindurch bis in die Neue Heimat hinein. Die ersten Christen waren alle Juden.
    Und diese deuteten das Kreuz und die Auferweckung Jesu vom EXODUS her. Er ist ja schließlich der RETTER. Und sie deuteten die Taufe - Paulus vor allem – als ein Hineingetauchtwerden ins Wasser und ein Auferstehen ins Neue Leben hinein. So weit, so gut. Doch was kann das im Jahr 2021, 12 Monate nach den ersten CORONA-Maßnahmen in Deutschland für Christinnen und Christen in der Eifel bedeuten?

     
  4. Der AUFBLICK
    Ich bin der festen Überzeugung, dass wir aufblicken müssen. Eine Teilnehmerin am Montagsgottes-dienst hat mich daran erinnert, dazu ermahnt. Ich lade Sie also ein: Blicken Sie doch mal auf! Richten Sie sich doch dazu mal auf! ( … ) Merken Sie etwas? Zumindest mir tut es auch in der Seele gut.

    Immer wieder denke ich an die Psychoklinik, von der ich las, dass sie dort die Menschen schon an der Pforte eine Halskrause verpassen, damit sie nicht länger „den Kopf hängen lassen!“ Und ein Paulus schreibt: „Lasst uns aufblicken…, weil sich unsere Erlösung naht!“ Ich glaube ganz fest, dass Israel den Durchzug durch diese Meeresgewalt nur deshalb seelisch und körperlich überstanden hat, weil sie aufgeblickt haben. Marc Chagall hat das m. E. ganz wunderbar dargestellt. Dass er das Blau besonders schätze, kam ihm bei diesem Bild natürlich entgegen.

    Nein, nicht Mose ging voran. GOTT GING VORAN. Und sie hatten das rettende Ufer vor Augen. Blick doch auf, lass den Kopf nicht hängen und schau – meinetwegen - aufs Kreuz, wenn es nur hoch genug hängt – und am Besten der Corpus bereits abgenommen ist! Blick auf den Auferweckten, mit-ten zwischen den Todesgewalten vor und hinter Dir!

    Aber natürlich ist das alles eine

     
  5. Die ANSICHTSSACHE
    Ich will damit nicht sagen: Was wir da lesen, ist ja doch alles beliebig. Das glaube ich nicht. Aber ob sich jemand von uns hier mit hineinnehmen lässt in diese Rettungsgeschichte, sich mit reinnehmen lässt in die Rettungsgeschichte Gottes, die am Schilfmeer ihren Anfang nimmt und am leeren Grab ihr Ziel findet, das ist letztlich eine Ansichtssache.

    Wie das einer oder eine für sich ansieht, ist seine und ihre Sache. Ich will gar nicht versuchen, jemanden zu überreden, noch nicht einmal zu überzeugen. Das ist Gottes Sache! Seiner Ansicht nach sind wir jedenfalls alle erlösungsbedürftig, befreiungsbedürftig und rettungsbedürftig.

    Seine Ansicht gilt mir und dir und jedem Menschen, der zu ihm aufblickt. Du bist Gottes Ansichtssache.
    Das ist doch mal was! Das darfst Du glauben. Da wird es Ostern, wo einer oder eine sich - in einem kleinen Gebet vielleicht - diesem Herrn zuwendet, der durch den Tod hindurchgegangen ist, damit wir leben können.

    Und wer dies erfährt, der darf dann auch darauf vertrauen, dass diese Todesmächte in uns und um uns herum auch nicht das letzte Wort haben dürfen!

UND DER FRIEDE GOTTES, DER HÖHER IST ALS ALLE UNSERE VERNUNFT, DER BEWAHRE UNSERE HERZEN UND SINNE IN CHRISTUS JESUS, DEM GEKREUZIGTEN UND AUFERWECKTEN UND GEGENWÄRTIGEN! (Amen)

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