Logo

Von SYBILLE FRERES, Prädikantin (Evangelische Kirchengemeinde Bitburg)

Prädikantin Sybille Freres

Predigttext     Johannes 7, 37 - 39
37 Am letzten Tag, dem größten Tag des Festes, trat Jesus vor die Menge und rief: »Wer Durst hat, soll zu mir kommen und trinken! 38 Wenn jemand an mich glaubt, werden aus seinem Inneren, wie es in der Schrift heißt, Ströme von lebendigem Wasser fließen.« 39 Er sagte das im Hinblick auf den Heiligen Geist, den die empfangen sollten, die an Jesus glaubten. Der Geist war zu jenem Zeitpunkt noch nicht gekommen, weil Jesus noch nicht in seiner Herrlichkeit offenbart worden war.
Predigt

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.

Liebe Leserinnen, Liebe Leser,

Stellen Sie sich die Szene doch einmal vor, die im oben stehenden Text beschrieben wird:

Da steht Jesus im öffentlich zugänglichen Vorhof des Tempels und ruft laut diese Worte – die Worte vom Durst und vom Wasser und vom Leben.

In einem Land, in dem aufgrund des Klimas Wasser so kostbar ist; das nur zwei Flüsse hat, die beständig Wasser führen, wo Quellen rar sind und Brunnen mühsam gegraben werden müssen, wo Wasser für die Landwirtschaft und Trinkwasser keine Selbstverständlichkeit ist -da hört man schon hin, wenn da einer ruft: Wer durstig ist, der komme zu mir! Vielleicht haben sich Menschen schnell mit einem Griff vergewissert, dass der Ziegenlederbeutel- der damals die heute allgegenwärtige Plastikflasche ersetzte- noch gefüllt war. Aber auch der ungebildetste Tagelöhner wusste, dass kein Mensch Wasser hervorsprudelt wie eine Quelle. Aber da steht ja nicht irgendein Mann an irgendeinem Ort zu irgendeinem Zeitpunkt - es ist Jesus, der inzwischen gut bekannte Wanderprediger. Vielleicht – so denkt unser fiktiver Tempelgast - lässt er ja ein Wunder geschehen – wie damals Mose, der mit seinem Stock an den Felsen schlug und Wasser hervorkam. Trete ich doch mal etwas näher…

Andere kommen vielleicht näher, weil sich in ihnen eine noch undeutliche Ahnung auftut, dass es um mehr geht – schließlich sind wir im Tempel, bei all den Menschen, die extra zu einem religiösen Fest nach Jerusalem gekommen sind. Im Tempel, dem Ort, an dem die Menschen Gott so nahe kommen können, wie es die Regeln zulassen – näher kommen nur die Priester, im Inneren des Tempels. Und da redet einer von der Schrift, den Heiligen Büchern, von lebendigem Wasser, von dem schon die Propheten Jesaja und Sacharja geredet haben. Wasser, Quelle des Lebens, lebensnotwendiges Elixier für Mensch, Tier und Pflanze, Gabe dessen, der alles Leben gibt, Gabe Gottes.

Und - es ist Laubhüttenfest- das Fest, das sowohl Erntedankfest ist als auch an die Zeit der 40jährigen Wüstenwanderung erinnert. An diesem Fest ziehen die Priester regelmäßig in einer feierlichen Prozession vom Tempelberg herunter zum Teich Siloah, schöpfen Wasser in große Gefäße und ziehen wieder hinauf zum Tempel - dort wird das Wasser feierlich auf den Altar als Trankopfer ausgegossen.

Und da bietet dieser Mann Jesus „Ströme lebendigen Wasser“ an - kein „totes“ Wasser aus einem Teich oder einem Krug, sondern Quellwasser. Dem, der glaubt, dem will er Leben geben. Und viele, die zu diesem Fest gekommen sind, weil man das eben so macht - die hören Jesus und spüren: sie haben Durst – nicht nach Wasser, sondern nach dem Sinn ihres Lebens, nach dem Bezugspunkt ihres Daseins, nach dem Woher und Wohin, Durst nach Gott. Und sie trifft Jesu Satz mitten ins Herz. Denn Jesus sagt ihnen: Bei mir gibt es den Zugang zu Gott, den Zugang zur Antwort auf eure Fragen. Ich bin der Zugang. Ich bin das Wasser, ich bin die Quelle, in mir ist Leben.  Es steht zwar nicht als ausdrückliches sogenanntes „Ich bin-Wort“ da, aber es ist eines – die Entsprechung zum bekannten Wort „Ich bin das Brot des Lebens“ – das ja auch mit den nicht ganz so bekannten Worten endet: wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.

Wer Durst hat, der komme zu mir- manch einem mag bei diesen Worten die Zunge ihres Herzens am Gaumen geklebt haben. Sie spüren: ich fühle mich so ausgetrocknet, so leer, nichts wächst und blüht in mir. Gott, ich brauche dich so sehr.

Und wo stehe ich, wo stehen wir? Es gibt so viele Positionen in diesem Tempelvorhof – und ich bin sicher, wir alle haben sie alle einmal irgendwann in unserem Leben eingenommen - letztes Jahr, letzten Monat, gestern oder heute.

Stehen wir genau an der Stelle dieser Durstigen? Haben uns genauso ausgetrocknet gefühlt, voller Sehnsucht, vielleicht sogar jetzt?

Ist es vielleicht mit mir, mit uns ganz anders – fühlen wir uns gesättigt, spüren weder Hunger noch Durst? Fühlen uns frisch gefüllt, mit optimalem Wasserpegel?

Oder haben wir schon länger nicht mehr nach unserem Wasserstand gesehen – haben ihn aus den Augen und aus der Erinnerung verloren?
Kamen gar nicht auf die Idee, nachzuhören, in uns hineinzuhorchen, ob da etwas in uns nach diesem Wasser ruft?
Oder haben wir dem vielleicht nicht nachgespürt, weil wir uns nicht im Klaren darüber waren, dass es nicht ausreicht, einmal zu Jesus gegangen zu sein, um von seinem Wasser zu trinken? Waren mit unserem erreichten Wasserstand zufrieden und spürten nicht, dass die sengende Hitze des alltäglichen Lebens ihn immer mehr sinken lässt, sodass wir immer und immer wieder nachtanken müssten?

Wie gut wäre es, wenn wir Christenmenschen so etwas hätten wie in unseren Autos, wo ein Signallämpchen angeht, wenn der Ölstand zu niedrig ist oder die Tankfüllung sich dem Ende nähert.

Wer Durst hat, der komme zu mir und trinke! Das gilt auch für uns.
Und ich stelle mir vor, wie erfüllend es wäre, so immer zu leben- zu Ihm zu gehen, sich von ihm tränken zu lassen, vielleicht dann einen ganz kleinen Schritt zur Seite zu machen, inne zu halten und diesen inneren Frieden des von Ihm gefüllt-Seins zu genießen!
Ich denke, Sie und ich wissen, wie sich dieser Zustand anfühlt – und ich weiß auch, wie oft ich ihn mir selber genommen habe.

Bei Jesus, gefüllt von Ihm – da spüren wir Geborgenheit – wie kein Mensch sie uns geben kann. Wir wissen uns geliebt – von dem, der uns mehr als sein Leben geliebt hat.  Wir wissen uns verstanden in unseren Unsicherheiten und Bedrohungen - von dem, der, obwohl er Gott war, als Mensch gelebt und gefühlt hat. Wir können an die Vergebung unserer Schuld glauben und die Last von unseren Schultern bei ihm ablegen, der sie bereits am Kreuz getragen hat. Und dann können wir hingehen und unser Leben leben - und dabei aufmerksam in uns hineinspüren, wann es Zeit ist, wieder zur Quelle zu gehen, um frisches, sprudelndes Wasser zu schöpfen. Und dieses Wasserschöpfen, das ist Hören- hören auf seine Stimme, die uns aus der Bibel anspricht – und auch als Antwort auf unser Gebet in unserem Inneren sprechen kann, wenn wir still werden und auf Antwort lauschen.

Wenn wir so leben - vielleicht ein Leben lang oder auch nur immer wieder für eine begrenzte Zeit - dann gilt dieser zweite Satz unseres Textes: Wenn jemand an mich glaubt, werden aus seinem Inneren Ströme von lebendigem Wasser fließen.

Das heißt doch nichts anderes, als dass wir – wenn wir an Jesus angeschlossen bleiben - selber sozusagen zu Wasserleitungen werden, aus denen Leben sprudeln kann. Da soll Wasser strömen, das sowohl uns selber erfrischt als auch die Stelle, an der wir stehen, bewässert und zum Blühen und Grünen bringen kann. So wie es im Umfeld einer Quelle Pflanzen und Tieren gut geht, soll und kann es in der Umgebung eines solchen Menschen, aus dem lebendiges Wasser strömt, Wachstum geben - geistliches Wachstum. Geistliche Früchte.

Bei anderen – ja. Aber bei mir?

Bei anderen -ja! Ich kann Ihnen aus dem Stegreif drei Menschen nennen, bei denen ich das – in verschiedenem Maße - erfahren habe – Menschen, die mich sozusagen getränkt haben, mein geistliches Wachstum gefördert und entwickelt haben, ohne die ich heute nicht der Mensch wäre, der ich bin. Diejenigen wissen es nicht, aber ich weiß es – deshalb sprich mich dieser Satz in unsrem Bibeltext so an - weil ich erlebt habe an mir selber, dass er wahr ist. Sie vielleicht auch?

Bei anderen ja, aber bei mir? Ja, Jesus traut es auch uns zu.  Sie selber sind es vielleicht schon längst für Andere gewesen, ohne es zu wissen – für Ihre Kinder oder Enkel oder für irgendeinem Menschen, der von oder in Ihnen etwas von Gottes Wesen erfahren hat. Der durch Sie den Weg zur Quelle gefunden hat, zum Ausgangspunkt des strömenden Wassers.
Wir werden es vielleicht nie wissen, aber das macht nichts - wenn wir nur die Leitung nicht verstopfen oder abdrehen. Wenn wir uns nicht dem in den Weg stellen, der das in uns bewirkt – denn unser Zutun, unsere Bemühung ist es ja nicht, das es bewirkt – das Strömen des lebendigen Wassers aus uns und Anderen. Gottes Geist ist es, der uns so verwandeln kann - unser Beistand, unsere Hilfe, unser Navigationsassistent – Jesu großes Abschiedsgeschenk, das uns mit unserer Taufe gegeben ist. Auf dessen Fest an Pfingsten wir uns in diesen nachösterlichen Tagen zubewegen. Der Heilige Geist kann uns zu diesen kleinen Wasserläufen machen, die ihre Umgebung tränken und zum Blühen und wachsen bringen können.

Können wir eine Gemeinde werden mit unzählig vielen solcher kleinen vor sich hin sprudelnden Bäche – Bäche, wie wir sie aus den Bergen kennen – mit gelbleuchtenden Sumpfdotterblumen am Rand - oder Quellen, die sich ihren Weg aus Felsritzen suchen, wo niemand Wasser vermutet hat und die sich doch in einiger Entfernung mit anderen zu einem Bach vereinigen – Bäche, die einen  Aufbruch ermöglichen, weil sich andere an ihnen die Wasserflaschen für den Weg füllen können. Und alle gespeist aus der einen großen Quelle – und auf dem Weg zu demselben Ziel, dem einen großen Meer, in das wir münden werden – einmal. Bis dahin – lasst uns sprudeln!

Und der Friede Gottes, der höher ist als als unser Begreifen, bewahre unsere Herzen in Christus Jesus, unserem Herrn.

Amen.

Digitale Kollekte

Wenn Sie im Augenblick keinen öffentlichen Gottesdienste besuchen können oder möchten.
Sie aber etwas in die Kollekte für die verschiedensten Zwecke und Werke geben möchten, ist hier die Möglichkeit für die jeweiligen Tage dazu:

Herzlichen Dank für die Unterstützung.

Gruß

Ihre/eure  Sybille Freres

Projekte, die wir unterstützen

Opendoors

Open Doors unterstützt verfolgte Christen mit Selbsthilfe-Projekten, Literatur, Schulung von Leitern, hilft Gefangenen und den Familien ermordeter Christen. 

+ mehr

Familie Schmid in Taiwan

Familie Schmid ging vor über 1 1/2 Jahren als Missionare nach Taiwan um einheimische Pastoren auszubilden.

+ mehr
 

Links