Logo

von Pfarrer GUIDO KOHLENBERG, SPEICHER (Evangelische Kirchengemeinde Bitburg)

Ver-, auf- und zudecken!

Predigttext    1. Korinther Kap 14, Verse 1-12

1 Strebt nach der Liebe! Bemüht euch um die Gaben des Geistes, am

meisten aber darum, dass ihr prophetisch redet! 2 Denn wer in Zungen redet, der redet nicht zu Menschen, sondern zu Gott; denn niemand versteht ihn: im Geist redet er Geheimnisse. 3 Wer aber prophetisch redet, der redet zu Menschen zur Erbauung und zur Ermahnung und zur Tröstung. 4 Wer in Zungen redet, der erbaut sich selbst; wer aber prophetisch redet, der erbaut die Gemeinde.
5 Ich möchte, dass ihr alle in Zungen reden könnt; aber noch viel mehr, dass ihr prophetisch redet. Denn wer prophetisch redet, ist größer als der, der in Zungen redet; es sei denn, er legt es auch aus, auf dass die Gemeinde erbaut werde. 6 Nun aber, Brüder und Schwestern, wenn ich zu euch käme und redete in Zungen, was würde ich euch nützen, wenn ich nicht mit euch redete in Worten der Offenbarung oder der Erkenntnis oder der Prophetie oder der Lehre?
7 So verhält es sich auch mit leblosen Instrumenten, es sei eine Flöte oder eine Harfe: Wenn sie nicht unterschiedliche Töne von sich geben, wie kann man erkennen, was auf der Flöte oder auf der Harfe gespielt wird? 8 Und wenn die Posaune einen undeutlichen Ton gibt, wer wird sich zur Schlacht rüsten?
9 So auch ihr: Wenn ihr in Zungen redet und nicht mit deutlichen Worten, wie kann man wissen, was gemeint ist? Ihr werdet in den Wind reden.
10 Es gibt vielerlei Sprachen in der Welt, und nichts ist ohne Sprache. 11 Wenn ich nun die Bedeutung der Sprache nicht kenne, werde ich ein Fremder sein für den, der redet, und der redet, wird für mich ein Fremder sein. 12 So auch ihr: Da ihr euch bemüht um die Gaben des Geistes, so trachtet danach, dass ihr sie im Überfluss habt und so die Gemeinde erbaut.

Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommen wird!

Liebe Gemeinde,

Einleitung

1882 wird in Österreich die Erste Allgemeine Versiche-rung gegründet. Kennt die jemand? … Genau hundert Jahre später heißt es „Ba-ba-ba-ba-banküberfall“. Kennt das jemand? Na also! So singt 1982 – natürlich - die ERSTE ALLGEMEINE VERUNSICHERUNG.
Und ganz Österreich - und auch wir hier im Nachbarland  - ba-ba-ba-bahten mit. Diese Band der Neuen Österreichischen Welle gab übrigens erst im September 2019 ihr ultimativ letztes Konzert.
In dem Lied ist die Rede von einem – ich möchte mal sagen – leicht verUNsicherten Bankräuber, der – weil er nichts mehr zu essen und kein Geld hat - mit dem Zeigerfinger in der Jackentasche die Bank betritt und … sich dann erst mal in die Warteschlange stellen muss. Als er dann endlich dran ist, dieser „böse Kassententleerer“, da sagt der Kassierer: „Na was fällt Ihnen ein?“ Und so kommt dann die überraschende Kehre „Dann zahl ich halt was ein!“ - - - Niedlich, oder?
Gar nicht so niedlich bei Paulus. Aber mindestens genauso verUNsichernd! Wir haben es gehört. Die absolute Kehre, wenn wir da mal – vorsichtig – genauer hinschauen: Ja, das ist echt gut – und wichtig – und systemrelevant, dass wir uns von Jesus beschenken lassen. Paulus betont das immer wieder.
Und die nicht mehr ganz so Neue Deutsche Welle würde wohl singen „Li-li-li-li-lieb hat ER mich!“ Und Paulus tanzt im Himmel mit: „Be-be-be-be-bete in Zungen!“ Und dann --- „Na dann zahl ich halt was ein!“ Na, welch unerwartete Kehre! Und seine Münze für die Gemeinschaft ist die Prophetie. Und meine? Und deine Münze? Und deine und meine Kehre? Wie sieht die aus?

Paulus und die Liebe - Teil 1

Doch von vorn! Denn es ist ja schon erstaunlich, dass dieser zähe, alte, gewiss oft einsame Missionar im Knast immer - wieder – bei der LIEBE landet. Vor unserem Abschnitt schreibt er ein ganzes Kapitel darüber. Und wir nennen es noch 2000 Jahre später DAS HOHELIED DER LIEBE.
Das Oberziel von Paulus in seinem Schreiben an eine to-tal verunsicherte und zerstrittene Gemeinde in der verru-fenen Hafenstadt Korinth ist - ein Leben in der LIEBE! (V 1a) Sein Unterziel ist dann die Bemühung um Gottes Geistesgaben (V 1bff) Dazu gehört eine Menge.

Vom Zudecken, Aufdecken und Verdecken

Paulus spricht vor allem von der Prophetischen Rede und dem Zungengebet. Was unterscheidet die drei: Liebe, Prophetie und Zungenrede? Man könnte vielleicht sagen: Die LIEBE deckt alles zu! Das sagt Paulus so selber (1 Kor 13, 7a). Die PROPHETIE deckt auf. Es ist nämlich kein Vorhersagen, wie man denken könnte, sondern eher ein Hervorsagen! Und die ZUNGENREDE schließlich verdeckt – zumindest gegenüber den Menschen verdeckt sie. Sie bleibt ein Geheimnis (V 2). Und wenn ich diese Gabe geschenkt bekomme, ist sie sozusagen mein  Geheimnis. Meine Sache zwischen Gott und mir!
Manchmal meinen Menschen ja, das Beste sei, immer alles aufzudecken. Fachleute sagen da etwas anderes. So im körperlichen Bereich: Nein, alte Wunden müssen nicht immer geöffnet werden. Und im seelischen? Nein, alte Verletzungen müssen nicht immer offengelegt wer-den. Stellen Sie sich doch einmal einen Menschen am abgedeckten Goldfischteich vor! Und der Mensch sagt:
„Die armen Goldfischlein! Die bekommen ja gar keine Luft und kein Licht ab unter der Plane.“ Und der Mensch deckt das alles ab und - dann kommt der Reiher!
Wir Ruhrgebietler sagen ja: „Wir wissen nix, aber wir könn‘n allet erklären!“ Und andere sagen manchmal zu uns: „Wenn du‘s nicht genau weißt – einfach mal die Klappe halten!“ – PAUSE – Nochmal: Oberziel LIEBE. UNTERZIELE Prophetie und Zungenrede. Also verdeckt glauben in meinem Zwigespräch mit Jesus! Das Verborgene aufdecken füreinander! Und das alles mit der Perspektive LIEBE, die alles barmherzig zudeckt!

Vom ordentlich-alltäglichen Gottesdienst

Kompliziert, oder? Vielleicht ja gar nicht so sehr, wenn man sich vor Augen führ, dass es dem Paulus um ORDNUNG in der Gemeinde geht, die er gegründet hat, die ihm am Herzen liegt und die doch so sehr herausge-fordert ist durch soziale Ungleichheiten und durch Strömungen, die sagen: Wenn ich erst einmal Christ bin, dann darf ich alles – mir kann ja nix mehr passieren!
Der Gottesdienst in seiner guten ORDNUNG ist der Weg zum Ziel. Es geht um „Liturgie“ (ORDNUNG!) und nicht Herrschaft des einen übe den anderen. Und nach Römer 12 ist für Paulus das ganze Leben eines Christen GOTTESDIENST. - Und der geschieht dann (14, 40) im Einklang von Verdecken und Aufdecken und Zudecken. Das ist schon dynamisch. Das mag vielleicht manchmal leicht chaotisch wirken. Aber wenn ganz oben die LIEBE steht, dann kann ja nicht viel passieren.

Paulus und die Liebe - Teil 2

Denn Liebe - das ist für den (auch) griechisch sprechenden Paulus EROS, PHILIA und AGAPE
EROS = Mich verlangt nach dem / der anderen    PHILIA = Wir sind gemeinsam Hand in Hand unterwegs Und AGAPE = Ich gebe mich dir hin, verschenke mich.
Dieser dritte Begriff steht hier. Und der steht immer da, wo von Gottes Liebe die Rede ist. Weil Gott sich an uns verschenkt. Und in JESUS hat er sich in besonderer, endgültiger und todesmutiger Weise verschenkt!
Das steht also ganz oben. Doch untermauert wird es von der Beziehung zu Gott: Ganz intim und manchmal in Worten und Gesängen, die ich selber nicht verstehen oder deuten kann – muss ich auch gar nicht! Gott ver-steht mich schon! Und von der Beziehung untereinander ist es getragen. Und da kann es nicht klarer zugehen. Klartext reden, aufdecken. Das ist Prophetie. - Man könnte auch ganz kurz sagen: DU – HIER – JETZT

Einverstanden?

Und Paulus beugt schon vor – kurz nach unserem Abschnitt steht das. Er kennt ja seine Pappenheimer, besser gesagt: seine Korinther. „Und was, wenn jemand nicht einverstanden ist? - Erkenne einfach an, dass das von Gott kommt!“ Mannometer, das ist schon ein strammes Jesusbewusstsein. (Vgl 14, 25b). - Vor allem ist es eine wunderschöne Umschreibung von Gottes Gegenwart. Die Mystiker (wie zum Beispiel Gerhardt Tersteegen) haben das so ausgedrückt: „Gott ist in der Mitten. Alles in uns schweige und sich innigst vor ihm beuge!“

Konkret!

UND DAS HEISST KONKRET?                                                                          
Konkret lädt Paulus immer und immer wieder ein, sich auf diesen Jesus einzulassen, sobald er anklopft. Und dann wird er nicht müde, zu erzählen, wie Jesus das bei ihm selber gemacht hat. Er lädt ein und wirbt und wirbt, sich von JESUS beschenken zu lassen. Ja, manchmal deckt Jesus auf. Ja, manchmal tut das weh. Und nie hat Paulus oder ein anderer ernst zu nehmender Christ behauptet, Christsein bedeute spannungsfreies Leben á la Hängematten-Joe. Das kann ja auch gar nicht das Motto von Christen sein, wenn es doch um nicht weniger als den Himmel geht!
Deshalb kann auch nicht das Motto gelten: Was hole ich für mich raus? Wie komme ich gut durch? Also eben nicht „Baba-baba-banküberfall“!

Aber mitten in deinen Spannungen und mitten in den (hoffentlich) guten Ordnungen beschenkt uns Jesus mit seiner Liebe (die auch mal zudecken kann), mit der Fähigkeit, mit ihm zu sprechen (ganz verdeckt, vielleicht sogar versteckt, ganz für mich allein jedenfalls) und - unbedingt notwendig und vielleicht viel zu selten unter uns – dann beschenkt er uns noch mit prophetischen Einsichten - Aufdeckungsmanövern, die der Gemein-schaft weiterhelfen.
Lasst uns doch diese gute Ordnungen – nicht nur im Gottesdienst – genießen! Ja, und da dürfen Innen- und Außendruck ihren Raum haben. Ja, da gehören Empfangen und Investieren dazu. Ja, ICH und DU und WIR spielen da eine Rolle. Mit dem Oberziel: LIEBE LERNEN! Und mit manchmal wundersamen und wun-derbaren Kehrtwendungen „Na dann zahl ich halt was ein!“  Weil Jesus die Liebe in Person ist.

UND DER FRIEDE GOTTES, DER HÖHER IST ALS ALLE UNSERE VERNUNFT, DER BEWAHRE UNSERE HERZEN UND SINNE IN CHRISTUS JESUS, DEM GEKREUZIGTEN UND AUFERWECKTEN UND GEGENWÄRTIGEN! (Amen)

Projekte, die wir unterstützen

Opendoors

Open Doors unterstützt verfolgte Christen mit Selbsthilfe-Projekten, Literatur, Schulung von Leitern, hilft Gefangenen und den Familien ermordeter Christen. 

+ mehr

Familie Schmid in Taiwan

Familie Schmid ging vor über 1 1/2 Jahren als Missionare nach Taiwan um einheimische Pastoren auszubilden.

+ mehr
 

Links