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von Pfarrer GUIDO KOHLENBERG (Evangelische Kirchengemeinde Bitburg)

Stell dir das einmal vor!

Predigttext   Markus 12, 41-44

41Und Jesus setzte sich dem Gotteskasten gegenüber und sah zu, wie das Volk Geld einlegte in den Gotteskasten. Und viele Reiche legten viel ein.
42Und es kam eine arme Witwe und legte zwei Scherflein ein; das macht zusammen einen Pfennig.
43Und er rief seine Jünger zu sich und sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Diese arme Witwe hat mehr in den Gotteskasten gelegt als alle, die etwas eingelegt haben.
44Denn sie haben alle etwas von ihrem Überfluss ein-gelegt; diese aber hat von ihrer Armut ihre ganze Ha-be eingelegt, alles, was sie zum Leben hatte.(Luther 2017)

Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommen wird!

Liebe Online-Gemeinde,

„STELL DIR DAS MAL VOR!“ (…) So – liebe Geschwister, liebe Gäste - sagt jemand, der mir eine besondere Nachricht zu verkünden hat. Eine Ungeheuerlichkeit möglicherweise. Vielleicht auch ein großes Glück. „Stell dir das mal vor!“ Eher etwas eigentlich Unvorstellbares wird mir so nahegebracht als etwas, das ich mir wirklich vorstellen könnte.

Wenn ich jetzt sage: „Stell dir das mal vor!“ – bevor ich unseren Predigttext verlese – dann ist es irgendwie beides: Ungeheuerlich und doch … vorstellbar. Lassen Sie also ihrer Vorstellungskraft freien Lauf und die inneren Bilder ganz selbstständig auf die Reise gehen – während ich lese aus Markus 12, die Verse 41-44: (siehe oben)

„Geben ist seliger als nehmen!“ sagen wir. Und, ja, das stammt auch aus der Bibel (Apg 20, 35 beim Abschied des Paulus aus Milet legt er diese Worte Jesus in den Mund). Gerne wird es verwendet UND ZWECKENTFREMDET, um Menschen das Geld aus der Tasche zu ziehen nach dem Motto: „Das Geld, liebe Gemeinde, für unser neues Projekt, es ist schon da. Es ist … nur noch in Ihren Portemonnaies!“ Ich bin der Überzeugung, Jesus will hier viel viel mehr sagen als einfach nur „GEBEN IST SELIGER ALS NEHMEN!“ Dann hätte er doch nicht ausgerechnet diese arme Frau … aber Moment mal! Stellen wir uns das doch einfach mal vor!

Stell Dir das einmal vor! Immer wenn einer oder eine von uns nachher etwas ins Körbchen wirft, ruft Valentina - nein, jetzt ist es Laura oder Iraida in Bollendorf oder Sebastian in Speicher. – Früher haben sie ja noch die Körbchen gehalten – und sie würden nun jeweils unseren Namen rufen. Ruft mal probeweise jemand seinen Namen? HUBERTUS! 10 EURO! – oder so ähnlich…

Ich stelle mir (1) die Situation vor. Jesus sitzt da und schaut in aller Ruhe dem hektischen Treiben im Tempel zu. Und diese Hektik wird immer, wenn einer was in den Gotteskasten wird, noch übertönt: „Maleachi 5 Schekel!“ – „Sara 8!“ – „Josua Hosenknopf!“

Ich stelle mir (2) die mögliche Reaktion der Freundinnen und Freunde Jesu damals vor, als der Rabbi sagt: „Diese hat mehr als sie alle gegeben!“ – „Wieso hat diese da MEHR gegeben?“ - Gut, mehr ist hier ja relativ.…

Und (3) die Reaktion der Freundinnen und Freunde Jesu heute? Ich stelle mir vor, wie wir wohl reagiert hätten – damals…

Ich stelle mir (4) vor, wie das sein wird – in rund 20 Minuten – wenn ich am Kollektenkorb vorbeigehe – zumal keiner rufen wird „Kohlenberg - Ein Euro!“ oder so. Und wenn diesmal viele von uns erst einmal gar nicht nach Hause gehen werden …

Ich stell mir (5) auch vor, dass MEHR und WENIGER für mich eine andere Bedeutung bekommen könnten – zumindest für ein paar Tage, wenn ich mich an diesen Gottesdienst erinnere. Und wenn ich einen sehe, der MEHR hat als ich – oder WENIGER…

Vorstellen könnte ich mir (6), ob ich wohl in den nächsten Wochen ab und zu mal überlegen werde, wenn ich etwas von meinem Besitz in die Hand nehme, ob ich‘s „zum Leben brauche“.

Ich stelle mir – schließlich – auch noch vor (7) , wie Martin Niemöller das immer formuliert hat - einer der wenigen Pfarrer, die sich vor 80 Jahren in der bekennenden Kirche engagierten. Er fragte sich immer: „Was würde JESUS jetzt dazu sagen?“…

In der reformierten Dogmatik, da steht alles menschliche Tun, die gesamte Ethik menschlichen Verhaltens, unter der Überschrift der DANKBARKEIT.

Wenn Du zutiefst und von Herzen dankbar bist – und um Dankopfer ging es hier im alten Israel, hier im Tempel – dann wirst du nicht anfangen, das Münzfach deiner Geldbörse durchzuzählen. Du wirst dann keine „Erbsen zählen“. Dann wirst du nicht noch nicht einmal lange abwägen, was Du alles für Dich mit wieviel oder wie wenig Geld anstellen könntest.  Wenn du zutiefst und von Herzen dankbar bist, dann fließt der Mund und dann fließt das Herz über und dann fließt (manchmal vielleicht auch) die Geldbörse über – oder?

Vielleicht bemühen wir dafür einmal unsere Erinnerungskraft, ob und wo wir schon einmal gegeben haben, ohne lange nachzudenken oder nachzuzählen. Einfach weil wir so dankbar waren (…) Jesus redet hier von der ungeschminkten Dankbarkeit. Und immer wieder stellt er seinen Jüngern Menschen vor Augen, die nichts galten, weil sie zu arm, zu jung, zu fremd, zu krank oder einfach zu … weiblich waren. Jesus setzte neue Maßstäbe, über-raschte und empörte damit. Und manches Mal mag er auch uns überraschen (oder empören), wenn er ganz neue Maßstäbe setzt, wenn er Dankbarkeit in mir wachruft – und vielleicht ja nur in mir – ohne dass es irgendjemand anders um mich herum bemerkt…

Amen.

UND DER FRIEDE GOTTES, DER HÖHER IST ALS ALLE UNSERE VERNUNFT, DER BEWAHRE UNSERE HERZEN UND SINNE IN CHRISTUS JESUS, DEM GEKREUZIGTEN UND AUFERWECKTEN UND GEGENWÄRTIGEN!

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